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05.08.2025
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KI und Ethik: Herausforderungen für Schweizer Personaldienstleister in der digitalen Zukunft

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst aus der Zukunftsvision in den Alltag vieler Unternehmen gerückt. Sie optimiert Prozesse, personalisiert Dienstleistungen und hilft, fundierte Entscheidungen zu treffen – sei es im Kundenservice oder bei der Analyse von Mitarbeiterdaten. Doch trotz aller Chancen, die KI bietet, stehen Unternehmen vor einer wichtigen Frage: Wie gewährleisten wir, dass KI in einem ethischen Rahmen agiert? Was passiert, wenn Algorithmen unabsichtlich Diskriminierung erzeugen? Und welche Verantwortung tragen Unternehmen, wenn KI-gestützte Entscheidungen problematische Konsequenzen haben? 

Dieser Beitrag beleuchtet, wie Unternehmen in der Schweiz – insbesondere in der Personalbranche – mit den ethischen Herausforderungen von KI umgehen können. Wir erläutern, wie Firmen in der Temporärarbeits-Branche KI fair, transparent und verantwortungsvoll einsetzen, ohne die Rechte und das Vertrauen der Menschen zu gefährden. 

KI und Ethik: Herausforderungen für Schweizer Unternehmen

Die Integration von Künstlicher Intelligenz in Unternehmensprozesse bringt enorme Chancen mit sich – doch sie stellt sie auch vor eine Reihe ethischer Herausforderungen. In der Schweiz, wo Innovation und Verantwortung Hand in Hand gehen, müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie KI nicht nur effizient, sondern auch fair einsetzen. Potenzielle Risiken und die Frage der Verantwortung bei automatisierten Entscheidungen dürfen nicht unbeachtet bleiben. 

Gerade in Bereichen wie der Personalvermittlung, wo KI verstärkt zur Auswahl von Bewerbern oder zur Analyse von Mitarbeiterdaten eingesetzt wird, müssen Unternehmen auf die Sensibilität von Entscheidungen achten.  

Bias und Diskriminierung durch KI: Was bedeutet das für die Fairness?

Stellen Sie sich vor, Sie sind verantwortlich für die Auswahl neuer Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen. Sie setzen ein KI-gestütztes System ein, das automatisch Bewerber filtert. Doch plötzlich stellt sich heraus, dass das System immer wieder Männer bevorzugt, auch wenn alle anderen Kriterien erfüllt sind. Woran liegt das? 

Das Problem liegt oft in den Daten, mit denen die KI trainiert wurde. Wenn diese Daten vorwiegend von männlichen Bewerbern stammen, tendiert die KI unbewusst dazu, Männer gegenüber Frauen zu bevorzugen. Diese Verzerrungen, auch als „Bias“ bekannt, entstehen durch historische Ungleichgewichte oder unvollständige Datensätze. Ein Rekrutierungssystem, das auf solchen einseitigen Daten basiert, trifft unter Umständen ungerechte Entscheidungen und schränkt die Vielfalt im Unternehmen ein. 

Die ethische Verantwortung von Unternehmen, insbesondere im Bereich der Personalvermittlung, ist klar: Die verwendeten Daten müssen repräsentativ und diversifiziert sein, um Diskriminierung und einseitige Entscheidungen zu vermeiden. Ein solcher Bias kann nicht nur die Vielfalt im Unternehmen einschränken, sondern auch das Vertrauen in die eingesetzten KI-Systeme massiv schädigen. 

Beispiele aus der Praxis: 

  • Ungleichbehandlung gegenüber Frauen: Eine Analyse von Bloomberg zeigte, dass der KI-Bildgenerator Stable Diffusion für jedes Bild, das eine Frau darstellt, fast dreimal so viele Bilder von Männern generiert. Besonders auffällig: Berufe wie „Ingenieur“, die im Datensatz genderneutral sind, wurden fast ausschliesslich mit Männern dargestellt. Frauen wurden vor allem in niedriger bezahlten Berufen wie Haushälterin oder Kassiererin abgebildet. Dieses Beispiel zeigt, wie KI-Modelle bestehende Geschlechterstereotype verstärken können. 
     
  • Strafjustiz: Ein KI-System zur Bewertung des Rückfallrisikos von Straftätern in den USA wurde kritisiert, weil es afroamerikanische Straftäter systematisch als risikoreicher einstufte, was auf Verzerrungen in den historischen Daten zurückzuführen war. Auch in Österreich muss diese Problematik berücksichtigt werden, wenn KI in der Strafjustiz oder im öffentlichen Sektor eingesetzt wird, etwa bei der Risikoanalyse von Straftätern. 

KI und Datenschutz: Wie schützen Unternehmen die Privatsphäre?

Künstliche Intelligenz profitiert von umfangreichen Datenmengen – aber was passiert, wenn diese Daten ohne die Zustimmung der betroffenen Personen erfasst und genutzt werden? In der Schweiz müssen Unternehmen sicherstellen, dass sie die Datenschutzbestimmungen des DSG (Datenschutzgesetz) einhalten, um das Vertrauen ihrer Kunden zu bewahren. 

Besonders in der Personalvermittlung, wo regelmässig Bewerber- und Mitarbeiterdaten verarbeitet werden, spielt der Datenschutz eine zentrale Rolle. Datenschutz ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch ein Schlüssel zur Aufrechterhaltung von Vertrauen. Personalvermittlungen müssen sicherstellen, dass sie personenbezogene Daten gemäss den gesetzlichen Vorgaben behandeln. Wird dies vernachlässigt, können rechtliche Konsequenzen sowie der Verlust wertvoller Geschäftsbeziehungen drohen. 

Die Lösung? Klare Datenschutzrichtlinien, regelmässige Schulungen für Mitarbeiter und der Einsatz von KI-Technologien, die Datenschutz von Beginn an integrieren. So bleibt die Privatsphäre der Kunden geschützt und Unternehmen können gleichzeitig die Vorteile von KI nutzen. 

Transparenz und Erklärbarkeit: Wie nachvollziehbar sind KI-Entscheidungen?

Viele KI-Systeme arbeiten wie eine „Black-Box“ – sie treffen Entscheidungen, ohne dass wir nachvollziehen können, wie sie diese getroffen haben. Besonders kritisch wird es in Bereichen wie der Gesundheitsversorgung oder der Strafjustiz, wo falsche Entscheidungen gravierende Folgen haben können. Ein Beispiel: Ein KI-System könnte in der Diagnose von Krankheiten oder der Risikobewertung von Straftätern Ergebnisse liefern, ohne dass die Entscheidungsprozesse transparent sind. 

In der Schweiz müssen Unternehmen und öffentliche Stellen dafür sorgen, dass solche „Black-Box“-Systeme nicht unkontrolliert eingesetzt werden. Der Einsatz erklärbarer KI-Modelle, die ihre Entscheidungsprozesse offenlegen, wird immer wichtiger. Auch regelmässige KI-Audits, bei denen Algorithmen auf Verzerrungen und Fehlerquellen überprüft werden, tragen dazu bei, die Transparenz zu erhöhen und das Vertrauen der Nutzer zu stärken. So wird nicht nur die Fairness der Entscheidungen gesichert, sondern auch die Verantwortung für die Handlungen der KI-Systeme nachvollziehbar. 

Autonomie und Verantwortung: Wer trägt die Haftung für KI-Fehler?

Der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz wirft neue Haftungsfragen auf, die bisher oft unklar sind. Besonders relevant wird dies, wenn Fehler durch KI-Systeme zu Schäden führen – etwa bei autonomen Fahrzeugen oder fehlerhaften medizinischen Diagnosen. Doch wer trägt die Verantwortung, wenn die KI versagt? 

In der Schweiz sind solche Haftungsfragen bislang noch nicht abschliessend geklärt. Zwar lässt sich die Haftung prinzipiell auf das Obligationenrecht (OR) stützen, doch fehlen spezielle Regelungen, die sich explizit mit KI-Systemen befassen. Ein weiteres Problem ergibt sich durch die mangelnde Transparenz der Systeme: Da viele KI-Entscheidungen und -Prozesse nicht nachvollziehbar sind, wird es schwer, festzustellen, wer im Falle eines Fehlers verantwortlich gemacht werden kann. Muss der Hersteller haften oder der Betreiber des Systems? 

Während die EU bereits mit dem „AI Act“ erste gesetzliche Rahmenbedingungen zur Haftung von KI-Systemen geschaffen hat, verfolgt die Schweiz bislang einen sektorspezifischen Ansatz. Schweizer Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit diesen Haftungsfragen auseinandersetzen, um rechtliche Unsicherheiten zu minimieren und das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden zu stärken.  

Verantwortungsvoll mit KI umgehen: Lösungsansätze und Best Practices

Die ethischen Herausforderungen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz sind nicht zu übersehen. Gleichzeitig bieten sie aber auch die Chance, KI verantwortungsbewusst und nachhaltig zu integrieren. Die UNESCO hat mit ihrer Empfehlung zur Ethik der Künstlichen Intelligenz wichtige Leitlinien formuliert, die den verantwortungsvollen Umgang mit dieser Technologie fördern. Sie fordert eine umfassende Betrachtung, die Datenschutz, Gleichstellung und die Verhinderung von Diskriminierung gleichermassen berücksichtigt. 

In der Schweiz können Unternehmen diese internationalen Standards als Orientierung nutzen, um KI sowohl effektiv als auch ethisch einzusetzen. Die UNESCO legt elf zentrale Politikfelder fest, darunter ethische Folgenabschätzungen, die Förderung von Geschlechtergleichstellung und den verantwortungsvollen Umgang mit Daten. Unternehmen sollten sich intensiv mit diesen Prinzipien auseinandersetzen und Best Practices entwickeln, die gewährleisten, dass KI im Einklang mit ethischen und rechtlichen Vorgaben eingesetzt wird. 

Hier einige konkrete Ansätze, wie Unternehmen KI verantwortungsvoll nutzen können: 

Datenethik und Qualität

Damit Künstliche Intelligenz wirklich fair und gerecht agieren kann, müssen die verwendeten Daten die Realität unverfälscht widerspiegeln – ohne Verzerrungen. Einseitige oder unvollständige Datensätze können schnell zu problematischen Entscheidungen führen. Unternehmen sollten sich nicht darauf verlassen, dass alles „irgendwie schon passt“, sondern sollten ihre Datenqualität regelmässig überprüfen. Eine sorgfältige Auswahl und kontinuierliche Überprüfung der Daten ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die KI auf fairen und ausgewogenen Grundlagen aufbaut. 

Hierbei spielen nicht nur Algorithmen zur Reduktion von Verzerrungen eine Rolle, sondern auch die menschliche Kontrolle durch Fachleute. Sie sind in der Lage, systematische Verzerrungen zu erkennen und zu korrigieren, bevor diese in den Entscheidungsprozessen eine Rolle spielen. KI gewinnt zunehmend an Bedeutung, und Studien, wie die von Forbes, zeigen, dass Unternehmen immer mehr in die Ausbildung von KI-Ethik-Expertise investieren. Denn für eine faire KI sind klare und fundierte Entscheidungen entscheidend. 

Datenschutz und Privatsphäre

Künstliche Intelligenz bietet viele Chancen, doch Unternehmen können sie nur erfolgreich einsetzen, wenn der Datenschutz nicht auf der Strecke bleibt. Besonders beim Umgang mit personenbezogenen Daten ist Transparenz gefragt. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die Daten ihrer Kunden, Partner und Mitarbeiter mit grösster Sorgfalt und im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen verarbeiten. Dazu gehört nicht nur, die Zustimmung der betroffenen Personen einzuholen, sondern auch, Daten, wo immer es möglich ist, zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren. So wird die Privatsphäre geschützt und das Vertrauen gestärkt. 

Ein Audit ist hier ein unverzichtbares Werkzeug. Es handelt sich dabei um eine gründliche Überprüfung der Datenschutzpraktiken eines Unternehmens. Ziel eines Audits ist es, sicherzustellen, dass alle Datenschutzvorgaben eingehalten werden und mögliche Schwachstellen frühzeitig identifiziert werden. Dabei wird sowohl die Datensicherheit als auch die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben überprüft. Durch regelmässige Audits können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Datenschutzpraktiken immer auf dem neuesten Stand sind und den wachsenden Anforderungen gerecht werden. 

Diese regelmässigen Überprüfungen schaffen nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern stärken auch das Vertrauen der Kunden und Mitarbeiter, die wissen, dass ihre Daten in sicheren Händen sind. 

Transparenz und Erklärbarkeit

Um das Vertrauen in KI-Systeme zu gewinnen, müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Entscheidungsprozesse nachvollziehbar sind. Wenn Mitarbeiter verstehen, wie eine KI zu ihren Ergebnissen kommt, steigt das Vertrauen erheblich. In diesem Kontext wird die sogenannte „Blackbox“ der KI zur zentralen Herausforderung. Besonders bei selbstlernenden Systemen, wie sie in der Medizin oder in anderen Bereichen eingesetzt werden, ist es entscheidend, dass der Weg von der Eingabe bis zur Entscheidung klar nachvollziehbar bleibt. 

Forscher der Universität Genf haben eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, diese Blackbox zu öffnen. Sie ermöglichen es, zu verstehen, welche Daten und Faktoren eine KI-Entscheidung beeinflussen. Solche Methoden zur Interpretierbarkeit sind besonders wichtig, wenn KI Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf das Leben von Menschen haben. In der Schweiz, wie auch international, gewinnt diese Forschung immer mehr an Bedeutung. 

Zusätzlich zur Entwicklung solcher Technologien ist es wichtig, dass Unternehmen ein grundlegendes Verständnis für KI im gesamten Unternehmen fördern. Schulungen und Weiterbildungen helfen Mitarbeitern, die Funktionsweise der KI zu verstehen und die Verantwortung zu erkennen, die mit deren Einsatz verbunden ist. So können Unternehmen KI nicht nur effektiv, sondern auch verantwortungsbewusst und vertrauenswürdig einsetzen. 

Verantwortung und Rechenschaftspflicht

Mit der Anwendung von Künstlicher Intelligenz wachsen auch die Anforderungen an die Verantwortlichkeit. Besonders in sicherheitskritischen Bereichen ist es entscheidend, klare Verantwortlichkeiten festzulegen. Für jede KI-Entscheidung muss eine verantwortliche Person oder Gruppe benannt werden. 

Ein Ethik-Board kann helfen, moralische Herausforderungen in der KI-Entwicklung zu erkennen und Lösungen zu finden. Solche Gremien stellen sicher, dass KI-Systeme nicht nur effizient, sondern auch ethisch vertretbar eingesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist das Ethik-Board der Universität Luzern, das Forschungsprojekte prüft und so die Einhaltung ethischer Standards garantiert. 

Unternehmen können dieses Modell nutzen, um Verantwortung zu übernehmen und das Vertrauen der Kunden zu stärken. So bleibt der Einsatz von KI transparent und die Folgen nachvollziehbar. 

Verantwortung und Rechenschaftspflicht

Bei all den Herausforderungen stellt sich die Frage, was Unternehmen tun können, um KI mit einem wachsamen Auge zu nutzen. Ein Beispiel hierfür ist ein „Ethik-Board“. Dabei handelt es sich um ein spezialisiertes Gremium, das Menschen mit unterschiedlichen Perspektiven an einen Tisch bringt und sicherstellt, dass ethische Fallstricke frühzeitig erkannt und vermieden werden. Unternehmen haben die Möglichkeit ein internes Gremium zu bilden, oder aber auf externe Anbieter zurückzugreifen.  

Das interne Ethik-Board bietet den Vorteil, dass es direkt in die Unternehmenskultur integriert ist und eng mit den Entscheidungsträgern zusammenarbeitet. Es kennt die internen Abläufe und kann schnell auf ethische Fragen reagieren. Der Nachteil: Es könnte durch interne Hierarchien beeinflusst werden und daher weniger unabhängig sein. 

Ein externes Ethik-Board bringt unabhängige Perspektiven ein und ist nicht durch interne Strukturen gebunden. Es sorgt für mehr Objektivität und kann auch blinde Flecken aufdecken. Allerdings könnte es etwas länger dauern, bis es sich in die Unternehmensprozesse einarbeitet und nicht so schnell auf Änderungen reagieren. 

Fazit

Abschliessend lässt sich sagen, dass ethische Fragestellungen im Umgang mit KI nicht nur technische Herausforderungen, sondern auch eine Frage der Verantwortung sind. Unternehmen, die KI einsetzen, müssen sich ihrer sozialen und moralischen Verantwortung bewusst sein und klare Strukturen schaffen, um ethische Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu minimieren. Ein Ethik-Board, sei es intern oder extern, kann hierbei eine zentrale Rolle spielen – es fördert Transparenz, gewährleistet faire Entscheidungen und schützt vor möglichen Reputationsschäden. Wer Verantwortung übernimmt, stärkt nicht nur das Vertrauen der Kunden, sondern trägt auch aktiv zu einer verantwortungsvolleren digitalen Zukunft bei. 

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